In ihrer Mitwirkungseigabe zur Ortsplanungsrevision hatte die GLP vorgeschlagen, im Reichhold-Areals neben den dominanten Industrie- und Gewerbeflächen auch einen Anteil Wohnnutzung zuzulassen. Der Gemeinderat Hausen sah dies ebenfalls als wünschenswert an und wollte im obersten Geschoss der geplanten Gebäude zwischen der Hauptstrasse und der neuen Mittelachse des Areals (den Baufeldern A) eine Wohnnutzung vorsehen. Entlang der Bahnlinie in den Baufeldern B käme die rein industrielle Nutzung zu liegen; in der für Läden, Büros usw. reservierten Gebäudezeile davor an der Hauptstrasse wäre auch ein Wohnanteil integriert. Dies hat das kantonale Baudepartement der Gemeinde faktisch verboten, indem es in seiner Vorprüfung mit einem Genehmigungsvorbehalt drohte. Es beruft sich darauf, dass das Gebiet Teil des kantonalen Entwicklungsschwerpunkts Eigenamt ist, und macht zudem Lärmschutzgründe geltend. Die Gemeinde sah sich daher gezwungen, auf den Wohnanteil zu verzichten, um die Ortsplanungsrevision nicht zu gefährden.
Für die Grünliberalen widerspricht diese Haltung des Kantons der kleinräumigen Struktur Hausens und den Interessen der Wohnbevölkerung, und sie ist weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Der Entwicklungsschwerpunkt reicht von Mägenwil über Birr-Lupfig bis zum Reichhold-Areal vor den Toren von Hausen. Warum sollen im Industriegebiet Birrfeld ennet der Autobahn und der Bahnlinie dieselben Vorgaben gelten wie am Dorfrand von Hausen?
Früher lag die Reichold-Fabrik weit weg vom Siedlungsgebiet. Heute soll das gesamte Areal bis direkt an Hausens Wohngebiet überbaut werden, das überdies auf der anderen Seite der Hauptstrasse weiter nach Süden wächst. Warum soll im Reichhold-Areal bei Wohnungen Lärmschutz geltend gemacht werden und im Wohngebiet direkt gegenüber nicht? Lärmschutz an Wohngebäuden ist heute baulich leicht sicherzustellen. Bekannt gewordene Nutzungsvorstellungen im Reichhold-Areal (Rechenzentrum, Sulzer METCO) entsprechen eher dem Charakter stiller High-Tech-Betriebe, die Wohnen gar nicht ausschliessen.
Ein städtebaulicher Widerspruch ist auch, dass der Kanton Hausen als «Gemeinde im urbanen Entwicklungsraum» bezeichnet und im ganzen Gemeindegebiet auf eine grössere bauliche Verdichtung und Bevölkerungszunahme pocht, im Reichhold-Areal aber sinnvolle zusätzliche Wohnungen ablehnt.
Durchgangsgebiet wird sicherer
Eine Wohnnutzung im Reichhold-Areal würde die ökologisch erwünschte Gelegenheit zu kurzen Wegen zwischen Arbeit, Freizeit und Wohnen schaffen. Sie würde die im Areal anzusiedelnden Dienstleistungs- und Freizeitangebote besser auslasten und das Areal auch für erwünschte öffentliche Nutzungen (z. B. Kinderkrippe, Spitex) attraktiv machen. Das Postauto Nr. 364, das einmal durch das Areal fahren soll, wäre ausserhalb der Arbeitszeiten besser frequentiert. Eine Wohnnutzung würde das Areal abends und am Wochenende beleben, was aus Sicherheitsgründen nicht ganz unwichtig ist, weil es auf dem Weg vom Hauser Wohngebiet zum nahen Einkaufszentrum Seebli, zum Burger-King-Lokal sowie später einmal zum Bahnhof Lupfig liegt.
Sinkende Nachfrage nach Büros und Läden
Auch ist die Nachfrage nach Büros und Läden wegen Home-Office und Online-Shopping stark gesunken. So besteht wie an anderen Standorten - und erst recht in einer monofunktionalen Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbrache - ein nicht geringes Risiko für Leerstände, häufige Wechsel und unattraktive Nutzungen. Wohnungen hingegen sind schweizweit und in der Region gefragter. Dass der Kanton im Reichhold-Areal keine Wohnungen zulassen will, ist eine verpasste Chance.
Hier geht es zum korrespondierenden Artikel in der Aargauer Zeitung: